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Die offensichtlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie sind vielfach beschrieben: Wo möglich, sind Mitarbeitende ins Homeoffice gegangen. Die gefundenen Lösungen haben die Entwicklung der Büroarbeitsformen beschleunigt, sie aber auch komplexer und noch schwerer vorhersehbar gemacht. Es bleibt unklar, was Unternehmen an strukturellen Veränderungen wie z.B. Remote -Zusammenarbeit als Standard und dem Umgang mit Folgeerscheinungen planen oder bereits entschieden haben.
Welche Entwicklungen zeichnen sich auf Unternehmensseite bereits ab? Wer sind die Profiteure des momentanen Wandels? Um unter anderem diese Fragen näher zu beleuchten, hat der BDU-Fachverband Change Management im Rahmen einer Blitzumfrage sowohl erfahrene Veränderungsberaterinnen und Veränderungsberater, als auch (Kunden-) Unternehmen befragt. Ergänzt wurden die heraus gewonnenen Erkenntnisse durch einen Praxisworkshop des BDU-Expertenkreises zu dem Thema.
Signifikante Unterschiede bei Remote Arbeit je nach Unternehmensgröße
Insbesondere größere Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern waren zu Beginn der Covid19- Pandemie bereits technisch besser auf Remote-Arbeit vorbereitet. Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit erwarten diese Unternehmen langfristig ein höheres Niveau der Remote-Arbeit als vor der Coronakrise und gehen – anders als kleinere Unternehmen – zudem davon aus, dass die momentanen Entwicklungen zwangsläufig zu Mischformen der Mitarbeiter-Zusammenarbeit führen wird. Also eine Gleichzeitigkeit von Remote-Arbeit und der Nutzung von betrieblichen Arbeitsplätzen. Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern beschäftigen sich hingegen mit der generellen Notwendigkeit des langfristigen Ausbaus von Remote-Arbeit. Sie „experimentieren noch“ und haben noch keine Entscheidung über den zukünftigen Weg getroffen.
Anforderungen an hybride Zusammenarbeit häufig ungeklärt
Nicht wenige Unternehmen planen für die Zukunft, dass Mitarbeitende künftig 2-3 Tage pro Woche im betrieblichen Büro und die restliche Zeit von zu Hause ausarbeiten. Was von diesen Unternehmen jedoch konzeptionell noch nicht ausreichend bedacht zu sein scheint, sind indes die Anforderungen und Folgen von Mischformen der Zusammenarbeit – sogenannter „hybrider Arbeitsmodelle“. Auf die Frage, welche Veränderungen die neuen Arbeitsweisen auf die Unternehmenskultur haben wird, hatten die Befragten kaum Antworten. Vielmehr wird hier eine Verunsicherung spürbar und stärkt die Hypothese, dass diese Themen derzeit noch nicht im Fokus der Auseinandersetzung für die Zeit Post-Corona stehen. Die Herausforderungen, das Betriebsklima in eine videobasierte Unternehmensorganisation zu überführen, erscheinen vielfältig und tiefgreifend:
Anforderungen an Führungskräfte steigen
Auch wenn grundsätzlich die Pandemie zur Steigerung der Akzeptanz von Homeoffice bei Führungskräften geführt hat, sind die damit verbundenen Führungs- und Koordinationsfragen noch weitestgehend unbeantwortet. Remote-Führung von Mitarbeitenden ist ein Feld, auf dem bislang wenig Übungserfahrung vorliegt. Fakt ist, der Anspruch und die Anforderungen an die Führungskräfte in Unternehmen werden steigen. Zeitnah Antworten zu finden, erscheint vor dem Hintergrund der anstehenden Entwicklungen sehr dringlich.
Stellenwert von partizipativer Führung erhöhen
Gerade dann, wenn der Anschein in einigen anderen Umfragen aufkommt, dass die Produktivität von Menschen im Homeoffice sinken würde, ist die Frage nach den Ursachen wichtig. Für die Beraterinnen und Berater des BDU-Fachverbands Change Management liegen diese weniger in der Remote-Arbeit oder in vermeintlich „faulen“ Mitarbeitenden Vielmehr liegen diese, neben der Befähigung der Beschäftigten im Umgang mit der technischen Infrastruktur und Arbeitsformen, an der Sicherstellung einer angemessenen Führung von Wissensarbeitern. Dieser hat in vielen Unternehmen einen noch zu geringen Stellenwert.
Zeitgemäße, hybride Arbeitsformen werden zum Erfolgsfaktor
Es wird deutlich, dass der Wandel, der die Investitionen und Entwicklungen der vergangenen Monate für die Unternehmen zum nachhaltigen Erfolg bringen kann, in ähnlichem Tempo weitergeht. Zeitgemäße Führung wird zum Balanceakt zwischen den Interessen der Unternehmen an Produktivität und Transparenz und den Interessen der Beschäftigten an einem zeitgemäßen, hybriden Arbeitsplatzkonzept.
Ein erster Schritt in vielen Unternehmen ist die Definition eines regulatorischen Rahmens für partizipative Remote-Führung. Denn nur, wenn Flexibilität und Mitgestaltung mit Engagement und Innovationskraft honoriert wird, werden langfristig hybride Arbeitsformen für Unternehmen zum Erfolgsfaktor.
Erkennbare Remote-Potenziale für Teilzeit nutzen
Eine sich abzeichnende Chance des aktuellen Wandels ist die Stärkung der Entwicklungsmöglichkeiten von und insbesondere für Teilzeitarbeitende/n. Mit dem gleichwertigen und gleichberechtigten Nebeneinander verschiedener Arbeitsformen, werden Remote-Arbeiter wesentlich bessere Zugänge auch zu anspruchsvollerer Arbeit erhalten. Die Gleichwertigkeit von mobilem Arbeiten und physischer Anwesenheit im Office fördert nicht nur die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sie mobilisiert damit auch bisher ungenutzte Arbeitsmarkt-Ressourcen. Diese Verschiebungen sind, neben neuen Möglichkeiten von Unternehmen in strukturellen Randlagen, die noch am wenigsten beobachteten, jedoch die gesellschaftlich womöglich interessantesten Veränderungen.
Die im BDU-Fachverband Change Management organisierten Unternehmensberatungen beobachten die Entwicklungen rund um die Themen „Remote-Arbeit“, „Hybride Arbeit“ sowie „Partizipative Führung“ weiterhin aufmerksam und werten die Erkenntnisse regelmäßig aus, um hieraus Konzepte zu entwickeln, diesen Wandel angemessen zu begleiten.