Gründung und Nachfolge

Earn-Out-Klauseln beim Unternehmensverkauf

Earn-Out-Klauseln gelten auch bei einer Unternehmensnachfolge als probates Mittel, unterschiedliche Vorstellungen vom Verkaufspreis zu harmonisieren. Doch Vorsicht ist geboten: der sogenannte „Verkaufsturbo“ birgt viele Fallstricke und kann bei unseriöser Anwendung für den Verkäufer nach hinten losgehen. Gerade in der mit der aktuellen Krise einhergehenden Käuferzurückhaltung unterstützen Earn-Out-Klauseln Unternehmensverkäufe positiv und helfen, die Zukunftsrisiken einzupreisen. Hier erfahren Sie, worauf jeder Unternehmensverkäufer achten sollte.

Was sind Earn-Out-Klauseln überhaupt?

Grundsätzlich geht es bei Earn-Out-Klauseln um die Aufspaltung des Gesamtkaufpreises in einen festen Basiskaufpreis und in einen variablen Bestandteil. In der Theorie fließt zügig nach Vertragsschluss ein vereinbartes Fixum „X“ in die Kasse des Verkäufers. Den variablen Bestandteil verhandeln die beiden Parteien indes separat. Der Unternehmenskäufer zahlt diesen erst, wenn die vereinbarten Ziele erfüllt sind. Somit gewinnt der Erwerber Zeit und finanziert einen Teil des Kaufpreises aus den zukünftigen Erträgen der erworbenen Firma.

 

Soweit die Theorie. Sie ahnen es bereits: Der variable Bestandteil kann beim Verkäufer für reichlich Kopfschmerzen sorgen.

 

Seriöse Beratung zahlt sich aus

Denn im Gegensatz zum fixen Basisverkaufspreis, muss die Firma den variablen Bestandteil erst noch erwirtschaften. Dieser Teil des Kaufpreises ist meist an die Erfüllung von Bedingungen geknüpft. Welches Ziel vereinbart wird, ob es realistisch und angemessen ist, wie beispielsweise ein definiertes Umsatzziel oder die Gewinnung einer bestimmten Anzahl von Neukunden im Zeitraum „X“ etc.,  verhandeln die Vertragspartner vorab.

Vermeiden Sie die Definition sogenannter „Fallbeilregelungen“, wie z.B. hart definierte Umsatzschwellen. Liegt der Umsatz auch nur einen Euro unterhalb der vereinbarten Schwelle fällt der Earn-Out aus. In der Praxis erweist sich die Vereinbarung von Umsatzkorridoren in Verbindung mit sogenannten Abschmelzmodellen als gerechter und weniger konfliktreich.

Gelegentlich versuchen Käufer, Gewinnziele als Basis zur Berechnung von Earn-Out-Klauseln zu verhandeln. In der Praxis wollen wir dies vermeiden, da der Gewinn durch ein geschicktes Kostenmanagement sehr viel flexibler ist als vergleichsweise harte Umsatz- oder Neukundenziele.

Erfahrungsgemäß hilft es beiden Seiten, spätestens zu diesem Zeitpunkt einen erfahrenen Moderator einzubeziehen. Er kennt die Vorname und Nachteile bestimmte Earn-Out-Modelle, erkennt sich anbahnende Konflikte früh und kann diese aufgrund seiner Verhandlungserfahrung für beide Seiten einvernehmlich aufzulösen.

 

Earn-Out-Klauseln sind tendenziell ein Käufer-Instrument

Entscheidend ist jedoch: Wird das vereinbarte Ziel nicht erreicht kann der variable Bestandteil auch komplett entfallen.

Damit entpuppen sich Earn-Out-Klauseln beim Unternehmensverkauf als ein Käufer-Instrument. Denn ein Teil des unternehmerischen Risikos bleibt auch nach dem erfolgreichen Verkauf für eine begrenzte Zeit beim Verkäufer. Der Earn-Out wirkt dann wie ein Bonus, da der Erwerber den variablen Bestandteil erst nach Zielerreichung zahlt. Den zunächst beim Unternehmensverkäufer verbleibenden variablen Bestandteil finanziert der Käufer somit aus den fortlaufenden Gewinnen des akquirierten Unternehmens.

 

Warum werden Earn-Out-Klauseln zukünftig wichtiger?

Anwendung finden Earn-Out-Klauseln beim Unternehmensverkauf insbesondere dann, wenn die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens schwer prognostizierbar ist. Dies war häufiger bei Start-Ups der Fall, aber auch, wenn ein traditioneller Betrieb stark von den dort engagierten Persönlichkeiten abhing.

In unserer täglichen Praxis sehen wir, dass Earn-Out-Klauseln aktuell eine immer wichtigere Rolle in Unternehmensverkäufen sämtlicher Größenordnungen spielen. Dieser Trend wurde bereits vor der der Corona-Pandemie sichtbar und hatte seine Ursache insbesondere in der beginnenden Abkühlung der wirtschaftlichen Gesamtaussichten. Mit dem wirtschaftlichen Einbruch zu Beginn des zweiten Quartals 2020 wurden diese zum Bestandteil der meisten Unternehmensverkäufe. Unserer Einschätzung nach bleibt dies noch eine Weile so, da sich Zahl zum Verkauf stehender Unternehmen langsam aber stetig erhöht.

 

Was tun als Verkäufer?

Wird ein Earn-Out Bestandteil Ihrer Verhandlungen, empfiehlt sich eine klare Positionierung mit festen Demarkationslinien gegenüber dem Käufer. Denn Sie verhandeln dann über ein von Ihnen für einen begrenzten Zeitraum zu verantwortendes wirtschaftliches Risiko, bei üblicherweise geringer werdenden Mitspracherechten und Vollmachten im Unternehmen.

Andererseits lohnt sich auch ein Perspektivwechsel. Denn in einem konkreten Projekt begründete die gewünschte Integration von Earn-Out-Klauseln mit folgenden Worten: “Wir freuen uns immer, wenn wir einen Earn-Out auszahlen. Denn dann hat sich das Projekt für beide Seiten gelohnt.”