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Vier Quadranten für erfolgreiches Arbeiten - nicht nur Remote

Das Problem kennen wir alle - sowohl als Firma, als auch als Home-Office-Geplagter: Manchmal haben wir das Gefühl, dass das mit dem virtuellen Zusammenarbeiten nicht so richtig klappt. Meistens funktioniert alles gut - ist ja mittlerweile Routine. Insbesondere Anfang letzten Jahres war es erstaunlich, wie schnell teilweise ganze Branchen (z. B. Finanzdienstleistung und Beratung) von Präsenz- auf Remote-Work umgestellt haben. Aber es gibt eben auch Tage und Situationen, da funktioniert irgendwie gar nichts, sei es die Technik, man selbst und seine Motivation. Oder - was viel häufiger der Fall ist - das Zusammenspiel, das große Ganze.

 

Woran das liegt möchten wir nachfolgend beleuchten. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse sind nicht nur für sehr Remote-affine Branchen interessant, sondern auch für Unternehmen mit einem hohen Präsenzanteil.

 

Remote ist mittlerweile nichts außergewöhnliches mehr. Serviceteams, Entwickler, Interdisziplinäre Teams - viele Berufsgruppen, deutlich mehr als vor der Krise, sind es gewohnt aus der Ferne zu arbeiten.

 

In der Praxis haben wir festgestellt, dass manchen Firmen Remote leichter fällt als anderen.  Wo liegen hier die Unterschiede?

 

Mit Netzwerkpartnern aus der IT-Branche (wo Remote schon seit längerem sehr gut funktioniert) haben wir uns angeschaut, was Arbeiten über mehrere Standorte hinweg produktiv macht und welche Faktoren Sand ins Getriebe streuen können.

 

Die wesentliche Erkenntnis: erfolgreiches verteiltes Arbeiten (und nichts anderes ist ja Remote Work) muss u. E. von einem Paradigmen-Wechsel im Management begleitet werden. Weg von der Umsetzung basiert auf impliziten Erwartungen hin zum Führen basierend auf expliziten Zielen und Ergebnissen.

 

Beim bisherigen Führen in Präsenz (Management by Walking Around) wurden Ziele und Ergebnisse häufig während der Arbeit gemeinsam präzisiert und fixiert: eine implizite Erwartung nahm immer mehr Gestalt an, bis ein konkretes Ergebnis erzielt wurde. Schlimmstenfalls erfolgte die Abstimmung nicht, die Arbeit ging in die falsche Richtung und man musste ggf. später mehrmals nachjustieren.

 

Um dies zu vermeiden, ist es beim Führen in verteilten Teams wichtig, den Teams und jedem einzelnen Teammitglied explizite Zielsetzungen zu geben und die Arbeitsergebnisse, die erreicht werden sollen, klar zu formulieren. Die Führungskraft ist dann insbesondere als Coach und Helfer bei der Lösungsfindung gefragt.

 

Verfolgt man konsequent diesen Paradigmenwechsel - auch in einem präsenzgetriebenen Umfeld - ergeben sich positive Effekte durch eine effizientere und effektivere Arbeitsweise mit entsprechenden Produktivitätsgewinnen. Diese Effekte werden z. B. durch gestiegene Transparenz und Motivation sowie mehr Verantwortungsbewusstsein und Selbständigkeit und durch den verringerten Bedarf zur ständigen Abstimmung erreicht.

 

Neben dieser Grundregel sind gewisse Rahmenbedingungen und Mindestanforderungen nötig, um verteiltes Arbeiten erfolgreich umzusetzen.

Im betrieblichen Alltag lassen sich vier kritische Dimensionen (Quadranten) identifizieren, die sich gegenseitig beeinflussen.

 

Diese sind:

  • Tools/Infrastruktur
  • Workflows/Prozesse
  • Mitarbeiter-Management/HR/Kultur
  • Rahmenbedingungen/Regulierung

 

Tools/Infrastruktur:

Tools sind nicht das Wichtigste. Aber man merkt schnell, wenn man nicht die richtigen Tools einsetzt, um zusammenzuarbeiten. Minimal-Anforderungen sind z. B. Video-Konferenz- und Chat-Systeme, häufig sind Kanban-Boards zum verteilten Arbeiten in Projekten wichtig. Für sich wiederholende Prozesse sind Workflow-Systeme o. ä. nahezu unerlässlich. Was wer braucht und was sinnvoll ist, ist immer von den individuellen Gegebenheiten abhängig.

 

Die individuelle Arbeits- oder Projektsituation muss analysiert werden, um die relevanten Themen zu erkennen und die hierfür richtigen Tools zu identifizieren. Hat man den Bedarf trennscharf ermittelt und die erforderlichen Tools implementiert lässt sich somit Team- und/oder Projektarbeit erleichtern, bzw.  in manchen Situationen sogar erst ermöglichen.

 

Workflows/Prozesse:

In den Kernprozessen eines Unternehmens wird dessen Wertschöpfung generiert. Umso wichtiger ist, dass diese Prozesse so reibungslos wie möglich laufen. Dieser Quadrant spielt eng mit dem ersten zusammen, denn mit Tools können Prozesse einfacher gestaltet und/oder automatisiert werden.

 

Aber Prozesse sind mehr als Tools und Automatisierung: Für ein arbeitsteilig gut funktionierendes Gesamtsystem sind in den Prozessen insbesondere die Schnittstellen und Übergabe-Punkte wichtig. Hier verbergen sich klassisch Sollbruchstellen und Stolperfallen, die einen glatten Prozessablauf erschweren können. Remote fallen diese umso stärker ins Gewicht, denn der Home-Arbeitsplatz hat keine Kaffee-Ecke zum Austausch mit den Kollegen.

 

Mitarbeiter-Management/HR:

In diesem Quadranten geht es u.a. um die Kultur: Wie wird im Unternehmen geführt? Welche Zielvorgaben werden gemacht? Wie werden Konflikte gelöst? Wann und wie wird der Vorgesetzte als Schiedsrichter eingeschaltet? Wie wird mit Fehlern umgegangen? Wie wird Leistung erfasst und kontrolliert?

 

Aber es geht auch um die HR-Prozesse: Bestehen klare Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten? Ist die Einarbeitung eindeutig geregelt? Wie wird mit Vertretungen und Ausfällen umgegangen?

 

Dieser Quadrant deckt ein sehr komplexes Feld ab, in dem es kein absolutes „Richtig“ oder „Falsch“ gibt. Wichtig ist, dass die eingeschlagene Richtung konsequent verfolgt wird.

 

Rahmenbedingungen/Regulierung:

Rahmenbedingungen und Regulierungen sind ein Muss, um überhaupt im Geschäft zu bleiben (z. B. im Automotive-Bereich, bei Finanzdienstleistern oder bei so gut wie allen Unternehmen die für alle relevanten steuerlichen/gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen). Entsprechend gibt es kein Unternehmen, das nicht irgendwelche externen Erfordernisse berücksichtigen muss. Auch in Remote müssen diese beachtet werden, denn das Unternehmen möchte ja nicht auf einmal eine wichtige Zertifizierung verlieren oder in regulatorische Probleme kommen, nur weil man erforderliche Rahmenbedingungen bei Remote-bedingten Prozessveränderungen nicht berücksichtigt hat.

 

Insofern ist es wichtig, das regulatorische Umfeld mit im Auge zu behalten.

Dies sollte konstruktiv und offen geschehen. Zu oft bekommen wir in unseren Beratungen den Satz zu hören „das geht nicht, das ist so gegen die Vorschriften“. Wenn man genauer hinschaut wird hieraus meist ein „das müssen wir so machen, dann klappt das auch mit den Vorschriften“. Diese konstruktive Sichtweise gilt es zu kultivieren und herauszuarbeiten.

 

Fazit

Die Wege Remote zu arbeiten, die Anforderungen und Lösungen, die hierfür genutzt werden sind so individuell und vielfältig wie die Vielzahl der Unternehmen, die es gibt.

 

Der gemeinsame Nenner für alle Ansätze ist, dass man Mittel und Wege findet, um sich auf das verteilte Arbeiten einzustellen und dieses zu optimieren. Hierbei spielt die Frage der Prozesse, der externen Rahmenbedingungen und der eingesetzten Tools eine wichtige Rolle. Am wichtigsten aber sind immer die Menschen im Unternehmen: diese abzuholen und mitzunehmen ist das wichtigste überhaupt. Daher sollte man auch immer mit der Führung und den Mitarbeitern starten und von diesen ausgehend die anderen Quadranten angehen.