Recht

Corona & Consulting – die wichtigsten Rechtsfragen zum Arbeitsschutz

Der Gesetzgeber hat seit Beginn der Pandemie insbesondere im Arbeitsschutz diverse Regelungen erlassen, um die Verbreitung des Corona-Virus einzuschränken. Die Vielzahl der Regelungen ist verwirrend, so dass sich für Arbeitgeber derzeit zahlreiche Fragen stellen: Welche Regelungen gelten derzeit im Arbeitsschutz? Inwieweit gibt es tatsächlich eine Testpflicht? Wann müssen Mitarbeiter im Homeoffice arbeiten? Zu diesen Fragen hat Rechtsanwalt Dr. Jörg Puppe kürzlich im BDU-Webinar „Update Recht: Corona & Consulting – die wichtigsten Rechtsfragen zum Arbeitsschutz“ Stellung genommen. Hier noch einmal die wichtigen Punkte kurz im Überblick:

Welche Arbeitsschutzregeln gelten derzeit?

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat bereits im April letzten Jahres den SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard auf seiner Internetseite veröffentlicht. Im August 2020 folgte dann die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel und im Januar dieses Jahres die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung.

 

Sämtliche Regelungen gelten derzeit parallel und wurden zwischenzeitlich (teils mehrfach) aktualisiert. Ohne an dieser Stelle die Regelungen zu vertiefen, lässt sich als gemeinsamer Nenner insbesondere die „AHA-L-Regel“ ableiten: Abstand, Hygiene, Atemschutzmaske und Lüften. Mit den jüngsten Änderungen hat der Gesetzgeber zudem ein verpflichtendes Testangebot sowie verschärfte Regelungen für das Homeoffice geschaffen.

 

Arbeitgeber, die sich bislang noch nicht mit den Regelungen vertraut gemacht haben, sollten dies umgehend nachholen, um ihre bisherigen Arbeitsschutzkonzepte im Hinblick auf die Eindämmung des Corona-Virus noch einmal zu prüfen. Insbesondere verlangt die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung seit März auch die Erstellung eines betrieblichen Hygienekonzeptes. Sollten Zweifel bei der Umsetzung bestehen, ist dringend empfohlen, fachkundigen Rechtsrat sowie Beratung der zuständigen Fachkraft für Arbeitssicherheit einzuholen. Die Arbeitsschutzbehörden prüfen vermehrt die Einhaltung der einzelnen Regelungen. Verstöße können nicht nur zu behördlichen Auflagen (und bei mangelnder Umsetzung zu Bußgeldern) führen, sondern auch nachhaltige Reputationsschäden mit sich bringen.

 

Testpflicht?

In der öffentlichen Diskussion ist momentan vermehrt von einer Testpflicht zu hören. In der Corona-Arbeitsschutzverordnung ist hingegen keine Testpflicht, sondern ein verbindliches Testangebot geregelt. Arbeitgeber müssen ihren Mitarbeitern zwei Mal die Woche ein Testangebot unterbreiten. Eine Ausnahme gilt dann, wenn Mitarbeiter dauerhaft von zu Hause aus tätig sind. Die Regelungen zur Testpflicht gelten derzeit bis zum 30. Juni 2021. Vor allem sollten Unternehmen auch die jeweiligen länderspezifischen Regelungen im Blick haben, die über die Bestimmungen in der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung hinausgehen können. So gilt in Bremen beispielsweise seit dem 10. Mai 2021 eine echte Testpflicht.

 

Ob Arbeitgeber auch ohne gesetzlich oder per Verordnung geregelte Testpflicht von ihren Mitarbeitern verlangen können sich testen zu lassen ist rechtlich nicht abschließend geklärt. Im Einzelfall dürfte dies möglich sein, damit Arbeitgeber ihrer Fürsorgepflicht gegenüber der übrigen Belegschaft ausreichend nachkommen können. Insbesondere, bei hohen Inzidenzzahlen und einem verstärkten Kontakt zwischen Mitarbeitern. Letztlich wird dies aber eine Abwägungsfrage im Einzelfall bleiben. Auch hier sollten sich Arbeitgeber im Zweifelsfall beraten lassen. Insbesondere dürfte es nicht durchsetzbar sein, gegenüber den Mitarbeitern eine Testpflicht für Kundenbesuche durchzusetzen. Dienstreisen und Präsenztreffen sind sowieso derzeit auf ein absolutes Minimum zu reduzieren (dies ergibt sich beispielsweise aus den Regelungen der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel). Arbeitgeber sollten sich bei geplanten (nicht vermeidbaren) Einsätzen von Mitarbeitern bei Kunden, eng mit dem Kunden abstimmen (z.B. welche Hygienemaßnahmen werden getroffen), dies in der Gefährdungsbeurteilung mit berücksichtigen und zudem den Mitarbeiter ausreichend im Arbeitsschutz instruieren.

 

Als gängige Testverfahren, kann der Arbeitgeber einen handelsüblichen Antigen-Schnelltest oder einen PCR-Test anbieten. Genauere Informationen über die Art der zulässigen Tests gibt es auf der Seite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (https://www.bfarm.de/DE/Medizinprodukte/Antigentests/_node.html). Die Tests kann der Arbeitgeber den Mitarbeitern im Betrieb bereithalten oder aber auch nach Hause schicken. Die Kosten für die Tests muss der Arbeitgeber tragen. Zudem sollten Arbeitgeber ihre Mitarbeiter über das Testangebot informieren (v.a. über Kostentragung, Freiwilligkeit der Tests (Ausnahme, abweichende Länderregelungen), Empfehlung die Tests zu machen, etc.). Dazu bietet sich eine E-Mail an die Mitarbeiter oder Information im Intranet an.

 

Home Office

Bereits seit Inkrafttreten der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung Ende Januar sind Arbeitgeber verpflichtet solchen Mitarbeitern eine Arbeit im Homeoffice anzubieten, die Büroarbeit oder vergleichbare Tätigkeiten (z.B. Tätigkeiten, die sich „digital“ von zu Hause aus durchführen lassen) erbringen, die sich von zu Hause aus erledigen lassen. Die Pflicht Home-Office zu ermöglichen, gilt allerdings nicht, sollten zwingende betriebsbedingte Gründe entgegenstehen. Ein zwingender Grund wäre z.B. denkbar, wenn ein Mitarbeiter Zugriff auf nur im Betrieb zugängliche Arbeitsmittel benötigt oder höchst vertrauliche Arbeiten erledigen muss. Die vom BMAS veröffentlichte FAQ-Liste zu der Verordnung benennt z.B. hierzu Tätigkeiten in Produktion, Dienstleistung, Handel, Logistik, sowie Bearbeitung von Wareneingang, Post etc. Arbeitgeber sollten sich nach besten Kräften bemühen, die Arbeit im Home-Office zu ermöglichen. Eine möglichst rasche Bekämpfung der Pandemie und damit Vermeidung weiterer verschärfender Maßnahmen liegt auch im Arbeitgeberinteresse. Zudem können die zuständigen Aufsichtsbehörden auch prüfen, ob zwingende Gründe vorliegen und ggf. durchsetzbare behördliche Anordnungen erlassen. Schlimmstenfalls droht die Anordnung, die Arbeit zu untersagen oder die spätere Festsetzung von Bußgeldern.

 

Mit den jüngsten gesetzlichen Änderungen sind die Regelungen zum Angebot der Arbeit von zu Hause aus, neu in das Infektionsschutzgesetz integriert worden (s. § 28b Abs. 7 IfSG; die Regelung gilt zunächst bis zum 30. Juni 2021). Zudem sind sie um eine Bestimmung erweitert worden, nach welcher Arbeitnehmer das Angebot von zu Hause aus zu arbeiten auch annehmen müssen, wenn keine „Gründe entgegenstehen“. Der Gesetzgeber hat die Art der Gründe nicht genauer umschrieben. Nach der Gesetzesbegründung und Verlautbarungen des BMAS können solche Gründe z.B.  räumliche Enge, Störung durch Familienmitglieder oder ein fehlender adäquater Arbeitsplatz sein. Auch hinsichtlich der Art der Mitteilung der Gründe oder deren Glaubhaftmachung sind keine Anforderungen geregelt. Die bloße Mitteilung eines Arbeitnehmers, die Arbeit von zu Hause sei nicht möglich, soll genügen. Der Gesetzgeber hat die Regelung damit bewusst weit und offen gefasst, sicher auch, um mit dem Grundsatz der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) nicht in Konflikt zu geraten. Im Ergebnis gibt es aber damit keine echte „Homeoffice-Pflicht“ der Arbeitnehmer. Vielmehr hat die Regelung eine Art „Signalwirkung“ und zielt darauf ab, Arbeitnehmer möglichst zur Arbeit von zu Hause aus zu bewegen. Arbeitgebern ist aber zu empfehlen das Angebot der Arbeit von zu Hause aus sowie die Reaktion der Mitarbeiter (Annahme; Ablehnung) genau zu dokumentieren, um im Zweifel den Aufsichtsbehörden etwas vorlegen zu können.