ERLESEN

Präsentationen: "Business-Themen sind nicht trocken - höchstens Berater"


von Malte W. Wilkes

 


Wir Unternehmensberater sind eher traditionell ausgerichtet. Und nennen das seriös. Viele von uns kleiden sich konservativ – Herren gerne mit Krawatte. Alles noch wie aus einer Zeit, als „draußen nur Kännchen“ ein Gesetz war. Entsprechend sind zumeist auch unsere Präsentationen, unsere Selbstvorstellungen, Reden bei Kunden- und Akquisitionsveranstaltungen oder Kongressen. Voraussehbar, langatmig, hochprofessionell, im Ergebnis auf den Punkt aber langweilig. Ausstiegsgefahr.

 

Doch drei Dinge haben sich verändert:

 

  1. Unsere Kunden sind kein Altherrenclub mehr, sondern junge, kommunikationsaffine Manager/Managerinnen und Unternehmer.

  2. Die technische Art der Informationsaufnahme mit Bild, Ton, Sprache usw. hat sich verändert. Der erste James Bond wirkt darum heute träge und altbacken.

  3. Wir haben durch die neurokommunikative Forschung jetzt auch den wissenschaftlichen Beweis: Bewertungen und Entscheidungen werden nahezu nur emotional getroffen. Unsere üblichen Präsentationen helfen dann, die Entscheidung hinterher zu verrationalisieren.


Unsere Change-Geschwindigkeit hält – wie ich bei etlichen Consultant-Präsentationen auf der Seite von Kunden sehen kann – oft nicht Schritt. Wir glauben an die alte ökonomische Tauschtheorie: Unsere in Geld ausdrückbare Mehrwertleistung gegen Honorar. Die psycho-soziologische Tauschmechanik wird ausgeblendet. „Denn Business-Themen sind nun einmal trocken“. Denkblockade.


Das Fun-Management einer Präsentation: Handwerk


Bei Präsentationen muss sich der Kunde auch freuen, Spaß haben, Lust auf mehr bekommen und über uns und unsere Ergebnisse erzählen wollen: Seinen Kollegen, Mitarbeitern, seinem Lebenspartner oder den Freunden.


E-Books mit Titeln wie „Präsentieren wie Berater“ schrauben nach meiner Erkenntnis zu stark an der PowerPoint. Sie stellen die Wirkung der Gesamtperformance nicht in Bezug auf den Kunden her. Hier gilt es anzusetzen. Alles andere ist isoliert nicht falsch, optimiert aber nur in leichten Kaizen-Bewegungen. Unauffällig.


Ich schlage vor, ein paar Tools und Verhaltensweisen als Basics besonders im Auge zu behalten:


1. Trenne die Präsentation vom Arbeitsergebnis


Nach meiner Erfahrung sollte man eine Rede-Präsentation zwischen 15 und 20 Minuten vorbereiten. Ohne oder nur mit sehr schlanker PowerPoint-Nutzung. Dann erst wird das Arbeitsergebnis mit allen Daten und Fakten als Handout verteilt und anhand dessen durchaus länger besprochen. Ich habe mehrfach auch mit Kapitalgebern erlebt, dass die Top-Entscheider den zweiten Teil schon gar nicht mehr sehen wollten und dem Projekt oder Ergebnis bereits zugestimmt haben. „Ich würde es so machen…“


Wir erkennen also zwei verschiedene Teile der Gesamtpräsentation:

  1. Erlebnis Rede-Präsentation
  2. Ergebnis Handout-Diskussion


Zumeist ist es zudem zu aufwendig und verstörend, in eine durchgängige durchaus 50- und mehrseitige (PPT)-Präsentation „Auflockerung“ reinzubringen. Das führt nur zu einer Foto- und Grafik „Aufhübschung“ ohne daraus eine Gesamtperformance mit dem Redner/Präsentator zu machen. Vertane Chance.


2. Trenne Dich in der Präsentation von Barbara Minto


Barbara Minto ist die großartige Entwicklerin des Pyramidenprinzips: Der Logik des Schreibens, Denkens und der Problemlösungen. Sie buchstabierte erstmalig die logischen und damit rationalen Regeln der geschriebenen (!) Ideen-Präsentation. Diese Methoden der ersten von McKinsey angestellten weiblichen Beraterin wurden weltweit der de facto-Standard des Consultings und veränderten diese Wissens-Industrie bis in die Präsentationen tiefgreifend. Doch in der Rede-Präsentation ist die Ökonomie und Logik der Emotion unsere Aufgabe. Darum sehe ich den pyramidalen, streng logischen Aufbau weiter im Ergebnis-Handout, jedoch nicht zwingend in der Erlebnis-Präsentation.


3. Nutze erzählbare Geschichten


Inzwischen hat jeder gehört, dass Geschichten ein gutes Tool sind. Kaum ein Berater fängt sein Warmup der Präsentation ohne Geschichte an. Doch tatsächlich ist es keine. Meistens sind es Erzählungen wie eine Berichterstattung: Wie wir den Auftrag bekommen haben, wie das erste Interview mit einem Mitarbeiter verlaufen ist … Storytelling meint aber nicht nur, dass man eine Geschichte in einem Format einer emotionalen, auf eine Lösung zustrebende Art erzählt, sondern dass der Empfänger sie auch weitererzählt. Die Sozialwissenschaftler Schank und Abelson halten das Erzählen von Geschichten für die mentalen Bausteine menschlichen Wissens. Geschichten, die wir nicht weitererzählen, vergessen wir.


In den 15 – 20 Minuten der Rede-Präsentation können eine oder mehrere Geschichten eingebunden sein. Doch als Berater stellen Sie sich nur eine Frage: Ist sie so aufgebaut, dass meine Kundenzuhörer diese wohl weitererzählen? Und will ich, dass sie gerade diese als Bestätigung von Entscheidungen oder Ergebnissen kommunizieren? Verbaler Dominoeffekt.

 

4. Arbeite sorgfältig mit Framing


Unsere gesamte geistige Aktivität setzt sich aus Assoziationsmustern und damit Framing zusammen: Metaphern, Nicknames, Analogien, Geschichten, Slogans und Claims der Unternehmensberatung – oder auch der Name der Präsentation.


Zu häufig beginnen Präsentationen mit einem Chart: „Projektergebnisse der Untersuchung zu den Kundenströmen“ Oder bei der Beratungsvorstellung: „Proaktive Unternehmensberatung für Heilberufe: FM Franz Mustermann“. Das sind allemal vielleicht Inhalts- oder interne Positionierungsangaben. Framing sind sie nicht. Sie eröffnen keine Fantasie und lassen sich nicht weitererzählen. Bücher würden sich so nie verkaufen: Mein letztes Herausgeberbuch heißt „Speak to Lead. Wie man Ideen, Visionen oder einfach nur die Wahrheit verkauft“. Und nicht: Das Rede Buch. Lassen Sie sich durchaus von nicht wissenschaftlichen Bestsellern inspirieren.

Framing zieht sich idealerweise mehrfach durch die vielleicht optische aber besonders auch die gesamte verbale Präsentation.


5. Stelle den Präsentator in den Mittelpunkt


Bei manchen Kollegen-Inhouse-Workshops habe ich – bei einigen Teilnehmern – Widerstände zum Präsentations-Change gespürt. Sie reklamierten Erfolge mit der oft kopierten und übernommenen alten Chart-Präsentation und fühlten sich durch die Diskussion plötzlich als “Verlierer“. Sie erkannten gut, dass im Rede-Teil der Präsentator der Held ist. Mit dem Gespräch im Handoutteil hatten sie keine Probleme. Sie sahen sich aus dem Stand zum ersten Teil nicht in der Lage. Es war ihnen bewusst, dass nun erst Recht alle Augen und Ohren der Kunden auf sie gerichtet sind. So mancher Berater traut sich zudem nicht, persönliches Profil zu zeigen. Eine Scheinwerfersituation schürt Ängstlichkeit. Doch es gibt kein Redetalent. Es ist nur angewandtes, durchtrainiertes Handwerk.


Man muss die Rede-Tools als Berater kennen. Doch letztendlich muss man es an vorhandenem Material üben und nochmals üben. Im Trockenen zunächst und auch mit Wiederholung. Aber mit Kollegen und mit live Reaktionen. Wie heißt es so schön: Du kannst immer improvisieren - Du musst nur perfekt vorbereitet sein.

 

 

Malte W. Wilkes ist Management Consultant sowie inspirierender Business Speaker, Hamburg/Düsseldorf. Der Ehrenpräsident des BDU Bundesverband Deutscher Unternehmensberater hat sich als Pionier-Experte für Customer Centricity als auch „out of the box“-Denker einen Namen gemacht. Ca. 30 Bücher mit klarem Standpunkt zeugen davon.

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