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Wie Sie Zahlungsausfällen vorbeugen

Zahlungsausfälle sind bei Beratungsunternehmen ein – glücklicherweise seltener - worst case. Nichtsdestotrotz können sie das eigene Haus in eine Schieflage bringen. Unser Gastautor Tilo Ferrari ist Interim Management Provider und stellt fünf Tipps zur Vorbeugung von Zahlungsausfällen vor.

Wie steht es um die Zahlungsmoral?

Zunächst einmal die gute Nachricht: Komplette Zahlungsausfälle sind im Beratungsgeschäft die absolute Ausnahme. Sie liegen im Durchschnitt bei lediglich ein Prozent. Und auch mit Blick auf die Einhaltung der Zahlungsziele besteht kein Grund zu großer Besorgnis: Laut einer BDU-Umfrage bei rund 2.000 Consulting-Experten bewertet die überwiegende Mehrheit der Beratungshäuser (83 Prozent) die Zahlungsmoral der Kunden als gleichbleibend.

 

Allerdings gibt es abhängig von der Größe des Kunden und dem Beratungsschwerpunkt große Abweichungen. Vereinfacht lässt es sich so zusammenfassen: Je größer der Kunde, umso später wird bezahlt. So begleichen Konzerne ihre Rechnungen in 43 Prozent der Fälle erst nach mehr als einem Monat. Dieser Anteil beträgt bei kleineren Kunden lediglich 32 Prozent. Über eine überdurchschnittlich schlechte Zahlungsmoral klagen IT- und HR-Beratungen. In diesen Segmenten sind bis zu 10 Prozent der Rechnungen auch nach mehr als drei Monaten nicht beglichen. Das ist mehr als das 3fache des Gesamtdurchschnittes.

 

Ein Prozent Zahlungsausfälle. Ist das also gar kein Thema? Ich sehe es anders. Grundsätzlich ist jeder Zahlungsausfall wenigstens ein Ärgernis. Schließlich haben Sie Ihre Arbeit getan. Und: Insbesondere kleine und mittlere Beratungshäuser geraten durch Zahlungsausfälle schnell in eine finanzielle Klemme. Mit etwas Umsicht können Sie das Risiko deutlich verringern. Dazu die folgenden Tipps.

 

1. Tipp: Die Zahlungsmoral von Neukunden prüfen

Mag der in Aussicht stehende Auftrag auch noch so verlockend sein: Bleiben Sie vorsichtig. Tun Sie, was Sie für Ihre Kunden tun: Tragen Sie die Informationen zusammen, die für eine gute Entscheidung notwendig sind. Dazu gehört die Anfrage bei einer Wirtschaftsauskunft. Und natürlich sollten Sie Ihre Kontakte nutzen: Hören Sie sich bei den Expertinnen und Experten in der jeweiligen Branche um.

 

2. Tipp: Bei Unregelmäßigkeiten früh das Gespräch suchen

Große Beratungen beraten große Kunden. Und in großen Organisationen sind die Prozesse komplex. Wenn Konzerne Ihr Honorar also erst nach zwei Monaten überweisen, ist das normal (siehe oben). Dennoch sollten Sie auch hier Zahlungsverzögerungen nicht auf die leichte Schulter nehmen, wenn diese aus dem bisher erlebten Muster herausfallen. Meiner Erfahrung nach ist das persönliche Gespräch mit den Account-Verantwortlichen am hilfreichsten. Bleibt dieses Gespräch ohne positives Ergebnis, stehen die Weichen mit einiger Wahrscheinlichkeit ohnehin in Richtung rechtlicher Schritte.

 

3. Tipp: Kurzfristige Zahlungsziele

Kommt es zu Unregelmäßigkeiten bei der Zahlungsabwicklung, können Sie Ihre Leistung natürlich einstellen. Das führt in der Regel zu einem – mitunter vermeidbaren Ende der Geschäftsbeziehung. Ein möglicher Ausweg sind kürzer getaktete Rechnungsstellung und Zahlungsziele. Wenn Sie beispielsweise alle zwei Wochen eine Rechnung mit einem Zahlungsziel von einer Woche stellen, steht deutlich weniger Einsatz im Risiko. Abbrechen können Sie immer noch.

 

Kurzfristige Zahlungsziele haben einen weiteren Vorteil. Für den tatsächlichen Insolvenzfall kann der Insolvenzverwalter die abgerechneten Leistungen in der Regel nicht mehr von Ihnen zurückfordern.

 

Die Grundlage für eine zeitnahe Teilabrechnung geleisteter Aufwände ist sehr oft gegeben. Nahezu alle Beratungsunternehmen rechnen zu Festpreisen bzw. nach Aufwand ab. Dabei entfällt bei den kleinen und mittleren Consulting-Unternehmen der weitaus größte Teil auf aufwandsgestützte Honorare: Mehr als 70 Prozent aller Unternehmen rechnen laut BDU-Umfrage nach Aufwand ab. Am beliebtesten sind die Abrechnung nach Tagessätzen (39 Prozent) und nach Stunden (38 Prozent).

 

4. Tipp: Vorkasse statt Zahlungsausfall

Den besten Schutz vor Zahlungsausfall bietet die Rechnungsstellung per Vorkasse. Natürlich trifft diese Methode bei den Kunden auf den größten Vorbehalt – und ist daher nicht immer durchsetzbar. Die Umsetzungswahrscheinlichkeit steigt aber, wenn Sie mit Ihren Kunden Vorkasse-Schritte vereinbaren. Dementsprechend sollten Sie Vorkasse also nicht für das gesamte Honorar oder große Teilbeträge vereinbaren, sondern eher kleinteilig. Wie kleinteilig, das hängt auch von der Größe des Auftrages und Ihres Unternehmens ab. Wenn Sie 40 Tageshonorare ins Risiko stellen können: Glückwunsch! Andere Beratungen tun sich mit Vorkasse-Paketen von 10 bis 20 Personentagen sicher leichter.

 

Aber Vorsicht: Vorschüsse und Vorkasse haben rechtliche Tücken. Damit Sie im Fall einer Zahlungsunfähigkeit bereits abgerechnete Honorare nicht wieder an den Insolvenzverwalter erstatten müssen, sollten Sie sich anwaltlich beraten lassen. In der Regel sind per Vorkasse in Rechnung gestellte Leistungen vor dem Zugriff des Insolvenzverwalters geschützt, wenn Sie nachweisen können, dass Ihre Leistung bereits erbracht ist. Das erfordert beispielsweise eine genaue Erfassung Ihrer Aufwände.

 

5. Tipp: Risiken minimieren durch Vollpauschalen

Reisekosten und Spesen machen nicht selten einen erheblichen Teil der Rechnungskosten aus. Hier verringern Sie das Risiko von Zahlungsausfällen, wenn Sie Reisekosten möglichst früh berücksichtigen. Die in vielen Beratungshäusern (38 Prozent) gelebte Praxis der nachträglichen Einzelabrechnung läuft im Fall des Falles ins Leere. Daher sind Sie auf der sicheren Seite, wenn Sie die Reisekosten von vornherein ins Honorar einbeziehen, wie es gut ein Drittel der Beraterinnen und Berater (31 Prozent) tut. Oder Sie vereinbaren Pauschalen (28 Prozent), die Sie mit jeder Teilrechnung einfordern.

 

Noch ein Tipp in Sachen Reisezeiten: In Gesprächen mit Unternehmensvertretern höre ich immer wieder, dass Kunden bei der Durchsicht von Angeboten über die Berechnung der Reisezeiten stolpern. Wer zahlt schon gerne ein vierstelliges Honorar für eine Führungskraft, die reist und nicht arbeitet. Daher meine Empfehlung: Reisekosten sollten von Anfang an im Honorar eingepreist sein. 

 

Fazit

Zahlungsausfälle sind nicht zu 100 Prozent vermeidbar. Durch seriöse Recherche vor der Auftragsannahme und Anpassungen der Rechnungsstellung im laufenden Projekt lassen sich die Risiken aber deutlich verringern.

 

 

Tilo Ferrari ist Vorstand des Interim Service Providers Deutsche Interim AG in Frankfurt, deutscheinterim.com

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