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Warum fremdeln Berater und Medien? Fünf Tipps für die Medienarbeit

Gut beraten kann nur, wer gut kommuniziert. Und es gibt eine ganze Menge guter Berater. Weshalb nur tun sich Professional Services Profis dann so schwer damit, ihre Botschaften über klassische Medien oder soziale Netze zu verbreiten? Viel schwerer als Banker, Bierbrauer oder Betongießer. Weil die Branche aus sich selbst heraus nachrichtenarm ist? Ja. Weil ihr Unterhaltungswert begrenzt ist? Auch. Und dennoch machen einige einen Superjob in der Medienarbeit. Nach 25 Jahren als Kommunikationsberater an der Seite großer Unternehmensberatungen, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Kanzleien hat Stephan Hoursch fünf Empfehlungen für eine schlagkräftigere Kommunikation der Consultants.

1. Kommt vom Olymp, Götter!

Natürlich ist der Weg in den Partnerschafts-Olymp hart. Knallhart. Nur zu schaffen mit extremem Arbeitseinsatz, mit intellektueller Brillanz und der nötigen sozialen Härte. Und dann soll man runter? Auf das Niveau von Journalisten? Die nicht mal halb so viel Tiefgang haben wie man selbst? Die mit ihren schlecht sitzenden Klamotten?

 

Ja! Denn die sind noch immer Gatekeeper zum Neukunden. Bei der Medienarbeit sollte es nicht um persönliche Eitelkeiten gehen, sondern um die Marke des Unternehmens. Es geht um relevante Differenzierung des eigenen Angebots. Es geht auch um das persönliche Erleben von Beratungskompetenz durch den Journalisten. Dafür muss man sich begegnen und reden. Am besten auf Augenhöhe, am besten öfter mal, am besten mit offenen Ohren und Augen für die Anliegen des Gegenübers.

 

 

2. Lasst andere Götter neben Euch sein!

Kontrolle ist gut und man selbst der Beste. Aber Medienarbeit braucht Zeit und genau die ist das knappste Gut der Chef-Berater, der Partner, der Heads of Something-Practice. Sie sind der Flaschenhals, in dem die Medienarbeit vieler Professional Services Companies stecken bleibt. Deshalb sollten die High Potentials in die Medienarbeit eingebunden werden. Die, die heiß drauf sind, ihren Namen zu lesen, aber auch die anderen. „Publish or perish“ hieß es lange bei einer der ganz großen Unternehmensberatungen. Auch das Publizieren auf fast allen Karrierestufen hat deren Marke so groß gemacht.


 

3. Habt Mut zur Meinung!

Einfach mal die Meinung sagen? Ganz schwierig. Jedenfalls, wenn immer alles 100 Prozent fundiert sein soll, alles bis in 14.000 Meter Meerestiefe ausgelotet, alles future proof, alles mit Studien belegt. Aber Medien brauchen Meinung, brauchen Zuspitzung und Schnelligkeit, brauchen Ecken und Kanten. Das bürstet gegen den Strich so manchen Beraterfells. Aber wie bekannt und groß ist wohl das Unternehmen des deutschen Beraters geworden, der jahrzehntelang zu fast allem im Land seine Meinung geäußert hat? Sie wissen, wen ich meine? Sehen Sie! Und der lag durchaus oft daneben. Medientaugliche Meinung zu formulieren, die der Marke nützt, kann man üben.

 

 

4. Erzählt und lasst erzählen!

„Storytelling“ ist aktuell ein Buzzword der Marketingwelt. Weil Kommunikation anhand von Geschichten so gut klappt. Weil Marken ohne Story kaum noch funktionieren. Unternehmensberatungen fällt Storytelling besonders schwer. Und das nicht, weil sie keine Stories haben, sondern weil das Erzählen oft nicht ihr Ding ist. Sie erklären lieber. Mit ganz viel Details, mit dreidimensionaler Matrix und immer, immer gern mit Charts. Das ist ein echtes Defizit nicht nur für die Medienarbeit, sondern auch für die Präsentation beim Kunden, fürs Employer Branding und die Entwicklung der eigenen Unternehmenskultur.

 

Es ist höchste Zeit, in Story Development und ins Storytelling zu investieren. Zum Beispiel auch gemeinsam mit dem Kunden bei großen Projekten. Toll, wenn der Kunde die Nutzengeschichte erzählt, die einem selber kaum einer glauben würde. Wenn die dann noch ein Kapitel einer größeren Geschichte über das Projekt hinaus ist, mit der Beratung als Protagonisten – perfekt! 

 

 

5. Seid selbst das Medium!

Merkwürdig: So viele Beratungen leben von „Digitalisierung“, aber wenige nutzen sie wirklich konsequent für ihre Kommunikation. Doch natürlich sind Facebook, Twitter und LinkedIn Medien, die es professionell zu bearbeiten gilt. Für unterschiedliche Zielgruppen und Zwecke in unterschiedlichem Maße, natürlich. 

 

Unternehmensberatungen und Kanzleien, die die Reichweite und das Targeting-Potenzial beispielsweise von LinkedIn nicht nutzen, indem sie ihre Experten dort positionieren, denen wird bald nicht mehr zu helfen sein. Ein Blick auf die Branchengrößen in den USA zeigt, welche disruptive Marketingwelle da anrollt. Beratungen und Berater werden ihre Reichweiten in sozialen Medien optimieren müssen, um die eigene Markenpräsenz zu sichern und Markenerfahrungen für ihre Zielgruppen zu schaffen.

 

 

Autor: Stephan Hoursch ist Vorstand bei der Klenk & Hoursch AG.

Sie erreichen ihn unter stephan.hoursch@klenkhoursch.de

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