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Die neuen Grundsätze ordnungsgemäßer Planung (GoP)

Die neuen Grundsätze ordnungsgemäßer Planung Version 3.0 (GoP) sind im April 2022 erschienen. Durch Unzufriedenheit mit den in vielen Unternehmen etablierten, zeitaufwendigen Planverfahren, ergaben sich in den letzten Jahren vielfältige Ideen, wie Planung und speziell auch die operative Budgetierung weiterentwickelt werden können.

Zu nennen sind hier beispielsweise Konzepte wie treiberbasierte Planung sowie Better Advanced und Beyond Planning, agile Planungsansätze und die Moderne Budgetierung sowie zuletzt die Moderne Unternehmensplanung, die Anforderungen an die GoP berücksichtigt. Einen nützlichen Orientierungsrahmen für die Weiterentwicklung von Controlling und Planung – unter Einbeziehung des Risikomanagements – zu einem derartigen integrativen Unternehmensführungsansatz zeigen die „Grundsätze ordnungsgemäßer Planung“ (GoP), die nachfolgend skizziert werden. Es wird dabei deutlich werden, dass schon die GoP bereits klar darauf ausgerichtet waren, Unternehmensplanungen zu erhalten, die Grundlage sein können für „unternehmerische Entscheidungen“ (siehe dazu auch ICV, 2021). Die neue Version 3.0 aus 2022 betont dies erneut und zeigt neben weiteren Aktualisierungen die Bedeutung der Planung für das gesetzliche Risikomanagement und die Krisenfrüherkennung (§ 1 StaRUG).

 

 

Die Grundsätze ordnungsgemäßer Planung im Überblick

Die neuen Grundsätze ordnungsgemäßer Planung bieten eine gut fundierte und praxisorientierte Leitlinie für das Controlling und speziell die Unternehmensplanung. Bei der Aktualisierung berücksichtigt wurden auch die neuen Anforderungen an das Risikomanagement durch StaRUG5 und FISG (2021): Noch deutlicher als bisher wird nun klargestellt, dass die Unternehmensplanung auch Basis ist für das Risikomanagement und die Krisenfrüherkennung. Die GoP ergänzen in dieser Hinsicht den im Februar 2022 vom Deutschen Institut für interne Revision veröffentlichten Risikomanagement-Standard DIIR RS 2 (2022), der auch die Auswirkungen von StaRUG und FISG für das Risikomanagement berücksichtigt und darauf verweist, dass alle Aktivitäten im Unternehmen mit Bezug zu Risiken – speziell Planung und Controlling – auch bei einer Prüfung des Risikomanagements zu betrachten sind.

 

 

Eine GoP-konforme Planung soll die Chancen und Gefahren (Risiken) zeigen, die Planabweichungen auslösen können (wie speziell alle unsicheren Planungsprämissen). Durch die Aggregation der Risiken ist einerseits die Planungssicherheit bestimmbar und andererseits die Voraussetzung geschaffen, um mögliche „bestandsgefährdende Entwicklungen“ aus Kombinationseffekten von Risiken zu kennen – genau wie dies seit 2021 §1 StaRUG von allen haftungsbeschränkten Unternehmen, auch den GmbHs, fordert. Als zentrale Funktion der Unternehmensplanung wird neben Krisenfrüherkennung auch auf die Unterstützung „unternehmerischer Entscheidungen“ hingewiesen (Business Judgement Rule). Eine Unternehmensplanung dient nicht nur der Steuerung des Unternehmens, sondern zunächst auch als Grundlage für Entscheidungen, was die Bereitstellung erwartungstreuer Planwerte und Informationen über Risiken erfordert. Wie schon bisher wird auf die Bedeutung einer integrierten Planung und die Verknüpfung von strategischer und operativer Unternehmensplanung hingewiesen.


Der Bundesverband Deutscher Unternehmensberatungen (BDU) hat die Grundsätze ordnungsgemäßer Planung (GoP) entwickelt (siehe Abb. 1), um Transparenz, Aussagefähigkeit und Qualität von Unternehmensplanungen zu erhöhen (z. B. auch die Forderung, alle Begriffe – wie den des Planwerts – genau zu definieren). Insbesondere soll die Planung geeignet sein als fundierte Grundlage für unternehmerische Entscheidungen, aber auch z. B. für die Unternehmenssteuerung und Unternehmensbewertung. Die GoP betonen klar die zu beachtenden Planungsgrundsätze und -prinzipien Vollständigkeit, Wesentlichkeit, Dokumentation, Transparenz und die Notwendigkeit zur Verknüpfung von Planung mit dem Risikomanagement (Abschnitt 2.3.8 der GoP). Abschnitt 1.1 nennt gleich die wesentlichen Funktionen der Unternehmensplanung:


„Eine Unternehmensplanung hat folgende Grundfunktionen zu erfüllen:

a) Entscheidungsvorbereitungsfunktion:

Die Unternehmensplanung ist Grundlage für Managemententscheidungen, speziell für die nur von der Geschäftsleitung zu treffenden ‚unternehmerischen Entscheidungen‘.


b) Krisenfrühwarnfunktion:

Die Unternehmensplanung, speziell die Liquiditätsplanung und die Risikoanalyse, dienen der Früherkennung von Krisen, speziell möglicher ‚bestandsgefährdender Entwicklungen‘ (§1 StaRUG).


c) Leistungs- und Motivationsfunktion:

Vorgabe von beeinflussbaren, herausfordernden, aber erreichbaren Zielen bzw. Teilzielen als Leistungsansporn und Leistungsmaßstab.


d) Ordnungsfunktion:

Koordination, Anpassung und Abstimmung von Unternehmenszielen, gesamtwirtschaftlichen Entwicklungstrends und verfügbaren Mitteln sowie Zielen und Tätigkeiten der einzelnen Unternehmensbereiche.


e) Sicherungsfunktion:

Erkennung, Ausschaltung, Abdeckung und Ausgleich von Risiken.


f) Optimierungsfunktion:

Anstreben der optimalen Verhaltensweise des Unternehmens.


g) Flexibilisierungsfunktion:

Vermeidung von Erstarrung der Organisation. Dabei soll das Anpassungsvermögen des Unternehmens an geänderte Verhältnisse gefördert werden.


h) Kreativitätsfunktion:

Entwicklung neuer Ideen und Ziele durch intensive Beschäftigung mit dem Unternehmen. Dabei können die Planungen zur Abdeckung der Funktionen a) bis e) als Standardteil der Planungen charakterisiert werden und die zu f) bis h) als innovativer (gestalterischer) Teil von Planungen ggf. unter Abbildung von Szenarien.“


Mit den GoP sollen die essentiellen Anforderungen an Unternehmensplanungen und damit das Controlling festgelegt werden. Durch den damit aufgespannten Rahmen wird die Planung zu einem reproduzierbaren Prozess mit Rückkopplungsschleifen. Die Unternehmensplanung basiert daher auf einer Analyse des Ist-Zustands, die auch die Erfolgspotenziale aufzeigt. Ausgangspunkt der Planung ist dabei die Prognose künftiger Entwicklungen und Veränderungen des Unternehmens und seines Umfeldes (z. B. Wettbewerber und Kunden). In den GoP 3.0 wird nun auch auf die unterschiedliche Ausgestaltung von Portfolio-Strategie und Geschäftsstrategie einzelner strategischer Geschäftseinheiten (SGEs) eingegangen. Der Unternehmensplan legt u. a.

  • die Unternehmensziele,
  • die strategische Ausrichtung,
  • die geplanten Maßnahmen und
  • die zur Realisierung vorgesehenen Mittel


für die Planperioden (i.d.R. mindestens 3 Jahre) fest. Die Strategie ist Grundlage der operativen Planung. Diese soll gemäß GoP mittels integriertem Planungsmodell Erfolgs-, Bilanz- und Cashflow-Planung transparent verknüpfen. Die Entwicklung von Teilplänen (z. B. Personalplan, Investitionsplan) wird von den GoP empfohlen.

 

 

Transparenz schaffen

Eine der wichtigen Herausforderungen für jede Planung besteht darin, Transparenz zu schaffen auch hinsichtlich der Planungssicherheit. Risiken werden dabei verstanden als mögliche Planabweichungen, was Chancen (mögliche positive Abweichungen) und Gefahren (mögliche negative Abweichungen) einschließt. Die GoP tragen dieser engen Verknüpfung von Planung und Risiko Rechnung, indem Transparenz gefordert wird über diejenigen Risiken, die Planabweichungen auslösen können. Damit stoßen sie eine Verbindung von Controlling und Risikomanagement an. So sind Risiken, z. B. unsichere Plannahmen, zu identifizieren und quantitativ zu beschreiben. Dies ist beispielsweise möglich durch die Angabe von (a) Mindestwert, (b) wahrscheinlichstem Wert und (c) Maximalwert einer Plangröße oder Planannahme, womit implizit auch der Erwartungswert erfasst wird. Dieser ergibt sich bei einer oft unterstellten „Dreiecksverteilung“ gerade als der Durchschnitt der drei genannten Werte.


Erst durch die Berücksichtigung von Chancen und Gefahren (Risiken) ist es möglich, aussagefähige und entscheidungsrelevante Planwerte im Sinne von Erwartungswerten zu erhalten. Es ist eine wesentliche Anforderung der GoP, insbesondere Planwerte zu bestimmen, die „im Mittel“ richtig sind, also bei denen mögliche positive und negative Planabweichungen adäquat berücksichtigt sind. Nur auf diese Weise berechnete Planwerte können die Grundlage für unternehmerische Entscheidungen (z. B. Investitionsentscheidungen) sein – nicht jedoch beispielsweise „wahrscheinlichste Werte“ (Modus), wie man sie heute noch oft in der Planung sieht. Ambitionierte Zielwerte können für die Unternehmenssteuerung ergänzend abgeleitet werden.
Die GoP fordern die Bestimmung des aggregierten Gesamtrisikoumfangs, da nur auf diese Weise der Umfang möglicher Planabweichungen (Planungssicherheit), der risikogerechte Eigenkapitalbedarf und der Grad der Bestandsgefährdung des Unternehmens beurteilt werden können.

 

 

Voraussetzung für eine wertorientierte Unternehmensführung

Die Transparenz über die Planungssicherheit ist zudem Voraussetzung für eine wertorientierte Unternehmensführung, denn die Planungssicherheit (der aggregierte Gesamtrisikoumfang) ist Grundlage für die Bestimmung von planungskonsistenten Risikomaßen, die dann wiederum die risikogerechten Kapitalkosten bestimmen lassen. Die Finanzierungsplanung ist ein wesentlicher Teil der operativen Unternehmensplanung, und der zu finanzierende Kapitalbedarf des Unternehmens soll nachvollziehbar abgeleitet werden, beispielsweise unter expliziten Annahmen bezüglich Debitorenfrist, Kreditorenfrist, Vorratsreichweite, Investitionen. Die Verknüpfung von Risikomanagement und Planung, die durch die GoP angeregt wird, schafft die Voraussetzung dafür, risikogerechte Finanzierungsstrukturen abzuleiten, eine Bedrohung des zukünftigen Ratings rechtzeitig zu erkennen und bei wesentlichen Entscheidungen erwartete Erträge und Risiken im Sinne einer wertorientierten Unternehmensführung gegeneinander abzuwägen, was kapitalmarktorientierte Verfahren – wie erwähnt – nicht ermöglichen.

 

 

Abhängigkeit von Unternehmensplanung und Rating

Die Verknüpfung von Planung mit Risikoinformationen ermöglicht empfehlenswerte „stochastische“ Ratingprognosen, die einen Entwicklungskorridor (eine Bandbreite) der zukünftigen Ratingentwicklung anzeigen und damit eine mögliche zukünftige Bedrohung des Ratings und damit des Unternehmens anzeigen können. Das zukünftige Rating eines Unternehmens ist abhängig von der Unternehmensplanung und denjenigen Risiken, die Planabweichungen auslösen können. Zwischen Unternehmensplanung und Rating gibt es eine wechselseitige Abhängigkeit, die zu berücksichtigen die GoP fordern. Zum einen ist es für eine tragfähige Unternehmensplanung notwendig, dass deren Konsequenzen für die zukünftige Entwicklung wesentlicher Finanzkennzahlen (wie Eigenkapitalquote oder Gesamtkapitalrendite) zu einem Rating führen, welches die diesbezüglichen Mindestanforderungen der Kreditinstitute erfüllt. Eine Unternehmensplanung muss also auch aus Sicht der Gläubiger tragfähig sein, was schon bei der Erstellung der Planung berücksichtigt werden soll („Ratingprognose“).

 

Darüber hinaus ist eine wichtige Kennzahl der Unternehmensplanung – der Fremdkapitalzinssatz – unmittelbar vom Kreditrating und der geschätzten Insolvenzwahrscheinlichkeit des Unternehmens abhängig. Um also den zukünftigen Fremdkapitalzinssatz und damit den Zinsaufwand fundiert beurteilen zu können, müssen die Konsequenzen der Unternehmensplanung (bzw. Planszenarien) für die wesentlichen Finanzkennzahlen, die das zukünftige Kreditrating bestimmen, abgeschätzt werden. Es ist nämlich ein erheblicher Unterschied für die Planung und die Planergebnisse, ob in Anbetracht des daraus resultierenden Ratings (beispielweise) mit einer einprozentigen oder achtprozentigen Insolvenzwahrscheinlichkeit gerechnet wird, da die geschätzte Insolvenzwahrscheinlichkeit näherungsweise als Risikozuschlag im Fremdkapitalzinssatz berücksichtigt wird bzw. entscheidend ist, ob eine Finanzierung überhaupt zustande kommt.
Mit den GoP wurde eine wichtige Grundlage geschaffen, um Mindestanforderungen an eine Unternehmensplanung klarzustellen.

 

Hervorzuheben sind die Forderungen nach mehr Klarheit bezüglich der verwendeten Begriffe und der Transparenz über Einzelrisiken und Planungssicherheit sowie die Anforderung, eine Unternehmensplanung auch aus Perspektive der Gläubiger zu beurteilen – weil nur Planungen umsetzbar sind, die auch für Gläubiger akzeptabel sind.

 

 

Prüfung der GoP-Anforderungen

Die GoP zeigen insgesamt einen betriebswirtschaftlich-methodischen Rahmen für eine stärkere Verknüpfung und Integration von Risikomanagement, Controlling und Planung. Die Checkliste in Abb. 2 hilft, den Status des Planungssystems eines Unternehmens zu beurteilen und gibt implizit Anregungen für den Ausbau eines mit der Planung verbundenen Risikomanagements. Diese Aufstellung kann mit anderen Schwerpunkten beliebig erweitert werden.

 

 

Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst im "Controller Magazin" Ausgabe 01/2023 



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